Das Überwintern von Citruspflanzen
Das Überwintern ist ein vielbesprochenes Thema in allen Citrus- und Kübelpflanzenbüchern. Vielerorts jedoch treten Probleme auf: Die Pflanze wird kalt und sehr hell überwintert. Plötzlich tritt Blattfall auf. Keiner weiß recht warum, viele glauben an Pflegefehler, doch in Wahrheit ist es die falsche Überwinterung. Die Überwinterungsratschläge mit einer Temperatur von 5°C und sehr hell dürften so alt sein, wie die Citruskultur in Deutschland selbst. Wer in den Wintermonaten schon einmal eine Orangerie besucht hat, oder eine der Citrusterrassen am Gardasee wird wissen wie kalt es dort ist. Wer aber genauer hinsieht, vielleicht sogar mit einem Beleuchtungsmessgerät, dem fällt aber auch auf, wie dunkel. Zuhause in den Lichtdurchfluteten, vollverglasten Wintergärten erreichen wir zwar oft nicht höhere Temperaturen, leicht aber höhere Lichtverhältnisse. Und hier liegt der Haken. Wie im Kapitel Botanik beschrieben, setzt die Photosynthese schon bei Temperaturen von 9°C ein, sogar in einem recht guten Arbeitsbereich. Damit allerdings die Photosynthese funktioniert, müssen die Wurzeln Wasser nachliefern. Ein kalter Wurzelballen von etwa 10°C kann aber nicht die Photosynthese bei hohem Lichteinfall mit Wasser versorgen. Die Blätter fallen ab. In den Orangerien jedoch stimmen Temperatur und Lichtintensität. Es ist für eine wachstumsfördernde Photosynthese zu dunkel und zu kalt für eine Synthese von Nährstoffen oder übermäsige Transpiration von Wasser. Die Pflanze wird also in eine Art künstlichen Winterschlaf genötigt. In Gewächshäusern, Folientunnels und an anderen kalten Orten helfen Milchglas, die trübe Folie und andere Schattierungen ebenfalls um die kühle Überwinterung zu überstehen. Bei klaren Glasscheiben jedoch ist das Phänomen recht häufig. Viele Wintergarten und Gewächshausbesitzer kennen dieses Phänomen des Blattfalles im Winter, doch die Ursachen sind oft nicht erkannt worden. Dunkler gestellte Pflanzen, z.B. durch Laubwerk großer Bäume beschattet, zeigten diese Symptome nicht, obwohl Temperatur und Wasserversorgung gleich waren. Die Pflanzen nahe der Glasscheibe begannen recht früh mit diesem Phänomen, was jedoch durch eine Isolation des Topfes rasch behoben werden konnte. Die Luft und das Blatt erwärmen sich im Licht schneller als der Wurzelballen, weshalb dieser vom kühlen Boden durch Leisten oder eine isolierende Matte aus Styropor abgehoben werden sollte. Meist läßt sich so eine Temperatur im Wurzelballen von etwa 13°C bis 15°C halten, wodurch die Transpiration im Minimum aufrecht erhalten werden kann. Dabei sollte direkte Sonne möglichst vermieden werden. Wollen sie jedoch dunkler Überwintern sorgen Sie für kühlere Temperaturen von 5°C bis maximal 10°C. Der Wurzelballen sollte nun fast trocken sein, weil bei diesen Temperaturen alles Wachstum zum Erliegen kommt. Bei einer kühlen Überwinterung, sollte diese angestrebt sein, so sollte ggf. bei Blattfall über eine leichte Schattierung nachgedacht werden, wenn keine Erwärmung in Frage kommt. Diesen Umstand (schlechtes Licht, trübes Glas und kühle Temperaturen) hat man sich in den Orangerien zu Nutze gemacht. Manchmal muß aber die Temperatur auch künstlich angehoben werden, um dem Lichteinfall gleichzuziehen. Früher wurde eine primitive Fußbodenheizung verwendet, oder die Pflanzen wurden in Mistbeete eingesetzt. Heute helfen Heizfolien aus der Aquaristik, die in Schalen gebettet und mit Sand geschützt die Töpfe und Kübel von unten erwärmen. Streben sie eine Temperatur von etwa 15°C-18°C an. Diese Temperatur sollte genügen, die Blätter mit Wasser zu versorgen. Achten Sie auch hier wieder auf einen etwas absonnigen Standort, denn je mehr Licht, desto höher die Temperaturbedürfnisse. Aber an einigen Standorten, insbesondere den vollsonnigen Winterplätzen, verlangen viele Arten sogar höhere Temperaturen im Wurzelballen, weshalb dann die Temperatur von 15°C im Topf nicht ausreicht. Erfahrungen haben gezeigt, daß dann Temperaturen von 20°C bis 25°C am geeignetsten sind. Hierbei wachsen die Pflanzen minimal weiter, können aber allen Klima und Lichtwechseln mühelos folgen, und so gut und kräftig über den Winter gelangen. (Betonen möchte ich, daß die kühle Überwinterung genauso Vorteilhaft ist, wie die warme Überwinterung. Beide sind absolut gleichwertig, und die Entscheidung, welche Methode amn benutzt, ist Abhängig von den Möglichkeiten der Örtlichkeiten und Gegebenheiten. Im Allgemeinen ist die kühle Überwinterung heizkostensparender als die warme Methode, doch oft lassen die Räumlichkeiten keine andere Möglichkeit zu, als die Pflanzen warm zu überwintern. Man sollte nicht versuchen, zwanghaft eine Methode der anderen vorzuziehen, sondern nach Möglichkeiten zu entscheiden!) Die Heizfolie muß hier dann entsprechend die Temperatur im Kübel noch weiter erhöhen. Dies sind natürlich alles Erfahrungswerte und können je nach Standort variieren, weshalb Sie etwas experimentieren müssen. Pflanzen sind Lebewesen, die uns ihre Bedürfnisse leider nicht mitteilen können. Sollten Sie mit dem Gedanken spielen, die Pflanzen in einem warmen Zimmer oder in einem Warmhaus (beheizter Wintergarten) zu überwintern, muß ggf. mit einer Zusatzbeleuchtung nachgeholfen werden. Die Wärme regt das Wachstum an, aber das geringe Licht verhindert oft eine nötige Synthese der dafür nötigen Baustoffe. Die Pflanze treibt viele Geiltriebe, oder zeigt durch übergroße Blätter Lichtmangelsymptome. Auch hier gilt: Nicht an allen warmen Standorten muß eine Zusatzbeleuchtung installiert werden, es geht oft auch ohne. Das genaue Beobachten der Pflanze, das erkennen der Symptome, und dann das richtige Reagieren und Anpassen ist wichtig. Das Wechselspiel zwischen Temperatur und Licht ist sehr fein und bedarf dieser genauen Beobachtung. Citruspflanzen lassen sich das ganze Jahr über im Zimmer halten, wenn genügend Licht vorhanden ist, zumeist reicht ein Südfenster völlig aus. Dabei sollte nie die nöte Wärme vergessen werden. Auch ein zu warmer Standort, wo die Wurzeln über 25°C dauerhaft erwärmt werden, führt zu verminderter Wurzelaktivität und kann Ursache von Blattfall sein. Die Wurzeln werden förmlich 'verkocht'...
Kommen wir nun zu den möglichen Standorten. Sie sollten den Bedürfnissen an Licht und Temperatur entsprechen. Kühle Treppenhäuser, helle und geheizte Räume, Gartenhütten mit großen Fenstern, Orangerien, unbenutzte Garagen, kleine Gewächshäuser, lichte Dachböden. Es gibt wohl eine Unzahl an Möglichkeiten. Schon frühzeitig sollten sie prüfen ob Temperatur und Licht im guten Verhältnis stehen, ob sich eine zusätzliche Heizung oder Beleuchtung anbringen läßt und der Raum regelmäßig betreten werden kann. Ein Treppenhaus zum Beispiel ist, wenn der Platz kühl und mäßig hell ist, sehr gut geeignet. Hier kommen Sie täglich vorbei und können schnell eine Blick auf ihre Pflanze werfen. Schädlinge? Wasser? ggf. Dünger? Schnell haben Sie auf den täglichen Wegen ihre Pflanze kontrolliert und müssen sich nicht extra merken die Pflanze zu kontrollieren. Doch nicht jeder kann das Treppenhaus im Winter in eine kleine Citrus-Plantage umbauen, einerseits gibt Platzprobleme, andererseits stören sich die Nachbarn daran. Hier hilft ein kühler, unbenutzter heller Raum. Dieser Raum kann ein Dachspeicher, ein unbeheizter Wintergarten oder ein nicht gebrauchtes Gästezimmer sein. Die Pflanzen stehen in der Wohnung, kühl und hell. Jederzeit kann man vorbeigehen und die Pflanzen kontrollieren. Schnell vor dem zu Bett gehen, oder gleich nach dem Aufstehen. Wann immer sie wollen, können Sie in ihre kleine Plantage schreiten. Blühen die Pflanzen im Winter, so füllt sich er Raum mit dem schweren Duft der Blüten. Hier müssen Sie nur darauf achten genügend zu lüften. Die stehende Luft wird mit Feuchte angereichert und schnell bilden sich Schimmel und andere Krankheiten. Durch das Lüften entgehen Sie diesen Problemen. Lüften Sie kurz aber kräftig, achten Sie aber darauf, daß die Luft nicht ihre Pflanze schädigt. Schnell kommt es durch kalte Zugluft zu Blattabwurf, ja sogar zu Verlust von Früchten. Geben sie also acht. Halten Sie auch hier die Pflanzen trockener und gießen Sie sehr selten. Verhindern Sie nur Welkeerscheinungen durch zu trockenen Wurzelballen. Achten Sie aber darauf: Dringt mehr Licht an die Blätter als die Wurzeln Wasser liefern können, müssen Sie die Pflanze entweder mehr schattieren oder aber den Wuzelballen isolieren, ja sogar etwas beheizen. Beobachten Sie ihre Pflanze. Schauen Sie alle 3 bis 4 Tage mindestens nach ihr, um bei Problemen rechtzeitig reagieren zu können. Kommen wir zu dem bisherigen Non-plus-ultra der Citrus-Kultur: Der Orangerie. Auch ein Gewächshaus oder eine Gartenlaube mit großen Fenstern kann wie eine Orangerie behandelt werden. Auch unbenutzte Garagen oder Geräteschuppen mit großen Fensterflächen sind geeignet. Hier werden die Pflanzen so aufgestellt, daß der Kübel nicht mit dem kühlen Boden in Berührung kommt, Wasser sehr gut ablaufen kann und möglichst alles einfallende Licht die Blätter trifft. Eine kleine Heizung mit Thermostat hält in den Winternächten die Temperatur über dem Gefrierpunkt. Dort sollte die Temperatur auch selten über 5°C steigen. Zeigen die Fenster nicht frei nach Süden oder Westen muß vielleicht (!!) mit einer Beleuchtung nachgeholfen werden. Eine Zeitschaltuhr sorgt für etwa 10-14 Stunden Kunstlicht. Die Pflanzen sollte ebenfalls im Abstand von etwa 4 Tagen kontrolliert werden, ebenfalls die technischen Einrichtungen. Achten sie auch hier auf gute Belüftung, damit stehende Luft und hohe Luftfeuchte in den kühlen Nächten keine Entwicklung von pilzlichen Krankheitskeimen fördert.
Jetzt kommen wir zum beheizten Winterquartier. Hier steht die Pflanze wie im Sommer bei Luft-Temperaturen um 20°C. Zu warm für unsere Lichtverhältnisse im Winter möchte man meinen. Daher wird die Installation von Zusatzbeleuchtung hier oft empfohlen, wenn auch an Südseiten oder anderen Vollsonnigen Standorten darauf verzichtet werden kann. Durch die Temperatur halten die Pflanzen keine Ruhepause und wachsen weiter. Hier müssen Sie fast wie gewohnt düngen und gießen, können aber die Menge zumindest halbieren, oder eine schwächere Dügermischung verwenden. Ebenfalls die Wassermengen. Halten Sie die Pflanzen etwas trockener als im Sommer, sprühen Sie dafür öfter. Dies fördert auch eine Blütenbildung für das Frühjahr. Steht die Pflanze ungünstiger weise, wie heute zumeist baulich nicht anders möglich, auf dem Fensterbrett über einer Heizung, so sollten Sie die Luftfeuchte dauerhaft erhöhen. Stellen Sie einen großen Untersetzer, gefüllt mit Blähton oder Kies unter den Topf. Füllen Sie den Untersetzer mit Wasser, achten Sie aber darauf daß der Topf nicht im Wasser steht. Durch die Heizungswärme verdunstet das Wasser im Untersetzer und erhöht die Luftfeuchte um die Pflanze herum. Der Untersetzer sollte stets mit Wasser gefüllt sein. Sollte die Luftfeuchte nicht das Problem darstellen, so stellen die Pflanze dennoch mit etwas Abstand zur warmen Fenterbank auf, falls die Temperaturen im Wurzelballen durch die Heizung darunter über 25°C ansteigt. Große Luftverdunster für den Heizkörper können ebenfalls die Luftfeuchte erhöhen, ebenso große Blattpflanzen. Wenn Citrus in diesen Räumen genügend Wärme und Licht bekommt, wird das Wachstum zwar langsamer ablaufen, aber es wird ohne Ruhepause fortdauern. Nichts kann eine Citrus-Pflanze so schnell umbringen. Wichtig ist die richtige Dosis Licht und Wärme. Dies gilt für eine Wohnzimmer-Fensterbank ebenso wie für einen beheizten Wintergarten (Warmhaus).
Betonen möchte ich, daß manche Fensterbänke trotz Heizung darrunter durch bauliche Bedingungen wahre Kältezentralen sind. So erreichen die Temperaturen im Wurzelballen trotz Isolation nicht die nötige Wärme, es kommt zu Blattfall. Hier sollte mit einer Heizmatte die Temperatur auf die erfahrungsgemäß optimalen Wurzeltemperaturen von 20°C bis 25°C optimiert werden. Eine Zeitschaltuhr kann aus- Einschaltpunkte bestimmen, so daß die Heizung sich am unteren Temperaturpunkt einschaltet, und nach einer Zeit am oberen Temperaturpunkt abschaltet. Diese Intervalle sorgen für optimale Temperaturen im Wurzelbereich. Auch dies hilft, die Pflanzen gesund und wüchsig zu erhalten, als auch Heizkosten zu sparen. An Orten, wo die Heizung nicht den Topf erwärmt, oder nur ungenügend erwärmt, sollte man die Temperatur im Wurzelballen untersuchen und bei Blattfall mit Isolation oder Erwärmung reagieren.
Überstehen die Pflanzen den Winter gut, so sollten sie je nach den Lichtverhältnissen und Temperaturen im Winterquartier entsprechend im nächsten Frühjahr draussen aufgestellt werden. Wo die Pflanzen kühl und dunkel standen, müssen sie im Frühjahr zunächst an eine etwas schattigere Stelle gestellt werden, da sonst das intensive Sonnenlicht die Blätter durch Sonnenbrand stören kann. Rücken sie die Pflanze im Abstand von einigen Tagen immer mehr in die Sonne um die Blätter abzuhärten. Gehen sie ebenso mit dem gießen und Düngen schrittweise auf das Normalmaß. Pflanzen die wärmer und/oder mit Beleuchtung überwintert haben, sollte nach Temperaturangleichung ausgeräumt werden. Schwankungen von etwa 10°C lösen Blattfall aus. Gedulden Sie sich ihrer Pflanze zu Liebe etwas. Sie kann aber zumeist dann nach kurzem Aufenthalt im Halbschatten direkt in die Sonne. Warm überwinterte Pflanzen können den Sommer auch im Innenraum verbringen. Hier muß nur täglich gelüftet werden, damit die Blätter durch den Luftzug abkühlen können. Die Beleuchtung muß jetzt nicht mehr sein, kann aber an sehr düsteren Regentagen dem Wachstum förderlich sein. Achten Sie darauf auch hier mit Wasser und Düngermenge normale Maße anzunehmen. Gleichen Sie die Pflege wie bei Freilandpflanzen an. Wenn Sie ausgeräumt werden, gilt ebenso: Warten Sie bis Temperaturangleichung erfolgt ist. Es erfordert Geduld, schont aber ihre Pflanze vor einem Temperaturschock.
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